Sonntag, 12. Mai 2013

Aufbruch zu neuen Ufern

Ihr habt sicher bemerkt, dass ich im letzten Monat keinen Mucks von mir gegeben habe und heute möchte ich Euch sagen, warum. Außerdem möchte ich Euch ein Angebot machen, das Ihr hoffentlich genauso spannend finden werdet wie ich.

So sieht es aus, wenn man nachdenkt.

Ich schreibe diesen Blog,– das wisst ihr ja – weil es mir Spaß macht. Ich philosophiere gerne über die Sprache und wollte die Form des Blogs ausprobieren, um Euch Deutschlerner mit meiner Liebe zur Sprache anzustecken. Begonnen habe ich damit vor über einem Jahr, als ich noch viel Zeit hatte (Studium und so).

Mit der Zeit hat sich nun Folgendes herauskristallisiert:

Das Internet ist eine große Badewanne voller Informationen und ein Ort der Anonymität. Der Internetnutzer ist in der Regel von der Fülle an Inhalten überfordert und konsumiert einfach. Er macht sich meist keine genaueren Gedanken darüber, dass da Menschen sitzen, die die Texte verfassen. Menschen, die schlafen, essen und trinken, die vielleicht 40 Stunden pro Woche arbeiten, die sich auch erholen wollen. Die dann von ihrer Freizeit etwas Zeit abknapsen um etwas in ihren Blog schreiben. Und am Ende wissen sie gar nicht, ob das überhaupt wertgeschätzt wird, oder ob es unverstanden bleibt und in der Flut des Internets untergeht. Das kann unbefriedigend sein, ja, sogar frustrierend.
Einige von Euch kennen mich und wissen, dass ich, wenn ich Zeit habe, auch "richtig" unterrichte. Wenn man den Schüler vor sich sitzen hat, kann er einem sagen, was er interessant oder langweilig, leicht oder schwierig findet. Was er versteht und was ich nochmal anders erklären soll. Man bekommt da so viel zurück, und beim Blog bekommt man wenig Feedback. Ganz alleine sitzt man in seinem Turmstübchen und tippt Sätze.

Also dachte ich nach.

Und ich kam zu dem Schluss, dass ich etwas ändern muss.

Ich dachte weiter nach.

Und verstand, dass ich herausfinden musste, wer der Leser ist (= das seid Ihr). Was der Leser denkt, was er von den Blogeinträgen des letzten Jahres gelernt hat, wie gut sein Deutsch ist, was er sich wünscht. Wie viel oder wie wenig er versteht, so allein gelassen mit meinen kurzen Erklärungen.

Und ich dachte wieder nach.

Und schlussendlich kam mir die Idee folgende Idee:
Wir drehen den Spieß einfach um! Ihr verfasst Blogeinträge zu Themen, die EUCH interessieren. Ich korrigiere und veröffentliche sie (mit Eurem Namen oder anonym). Die anderen Blog-Leser können sie dann lesen und lernen auch etwas dabei. Und derjenige, der jeweils den Eintrag verfasst hat, bekommt von mir quasi eine kleine Deutsch-Lektion, völlig kostenlos.

Was sagt Ihr dazu? Wollen wir das mal probieren?

Hin und wieder schreibe ich natürlich auch weiterhin selbst Blogeinträge – aber nicht, weil eine Woche vergangen ist, sondern weil ich etwas Zeit und eine gute Idee habe.

Was könnt Ihr also tun?

1. Kurz nachdenken.

2. Mir eine E-Mail an deutschverstehen@gmx.de schicken. Darin könnt Ihr mir schreiben, was ihr bisher gelernt habt, was Ihr Euch wünscht, und was Ihr von meiner Idee haltet. Wenn Ihr in München wohnt (so wie ich), könnt Ihr Euch überlegen, ob Ihr die anderen Deutschlerner, die in München wohnen und die ich kenne, treffen möchtet. Dann könnte ich ein Treffen organisieren. Wenn Ihr mich nicht kennt, könnt Ihr mich fragen, was Ihr wollt.

3. Euch ein Thema für einen Blogeintrag überlegen, idealerweise mit Anschauungsmaterial (Foto oder so), und ein paar Absätze dazu verfassen. Mir das Ganze zuschicken. Warten, lektorierte Version online sehen.

4. Mir andere Gedanken mitteilen, z. B. wenn Ihr Fragen oder technische Probleme habt.

Ist die Idee klar geworden?
Dann würde es mich freuen, ganz bald von Euch zu hören! Ü
Schöne Grüße,
Eure Drea



Print Friendly and PDF
keinen Mucks von sich geben: keinen Laut von sich geben, nichts sagen;

anstecken: (Krankheit oder Motivation) an einen anderen Menschen weitergeben;

sich herauskristallisieren: sich nach und nach herausstellen, immer klarer werden;

Fülle, die: große Menge;

mit etwas überfordert sein: etwas nicht mehr überblicken, nicht beherrschen können;

etwas abknapsen: ein wenig von etwas (Wertvollem) wegnehmen;

Flut, die: sehr große Menge;

unbefriedigend: enttäuschend;

in seinem Turmstübchen sitzen:

tippen: am Computer Texte verfassen;

zu dem Schluss kommen: zu der Einsicht/Erkenntnis kommen;

den Spieß umdrehen: die Rollen tauschen;

lektoriert: korrigiert (Rechtschreibung, Grammatik und Stil);

Montag, 8. April 2013

Streetart versus Straßenkunst

Im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet Straßenkunst die Performancekunst von Straßenmusikern, -malern, -artisten etc., während sich Streetart auf die Kunst im öffentlichen Raum bezieht, die ohne die Anwesenheit des Künstlers auskommt. In modernen Städten gibt es beides, und – ja! – auch München hat eine Szene für diese Kunstformen.


Straßenkünstler sind also beispielsweise die Leute auf der Kaufinger Straße oder am Marienplatz, die – als Skulptur getarnt – den ganzen Tag lang die Passanten beobachten. Auch Straßenmusiker zählen hierzu, insbesondere die, die ihre Melodien selbst bei Temperaturen zustande bringen, bei denen dem Normalbürger die Finger bereits so klamm sind, dass er fürchtet, sie würden ohne weitere Vorwarnung abbrechen. (Aber damit vorerst Schluss, denn es sind wieder Plusgrade in Deutschland.)




Die Streetart-Künstler (nicht Streetartisten) haben es in dieser Hinsicht etwas besser, denn sie bereiten ihre Kunst im warmen Stübchen vor und bringen sie dann in Windeseile – mehr oder minder legal – an Wänden, Bäumen, Gebäuden oder ähnlichem an. Dazu zählen Graffiti (legal nur, wenn einem die Wand gehört oder man die Erlaubnis des Besitzers hat; siehe obiges Bild), Plakate, Sticker oder auch Installationen. Letztere sind mitunter so fantasievoll, dass sie im normalen Straßenbild kaum als solche erkennbar sind, wie im folgenden Bild zu sehen.




Apropos Graffiti: Wie auch bei Zucchini, Amaretti und Konfetti stammt das Wort "Graffiti" aus dem Italienischen und die Einzahl endet auf -o. Wer mehr zum Einfluss des Italienischen lesen möchte, der ist mit diesem (leicht zu verstehenden) Artikel der Deutschen Welle gut bedient.

Wenn Euch dagegen die Streetart-Szene Münchens fasziniert, könnt ihr Euch mit diesem Blog einen Überblick verschaffen.

Print Friendly and PDF
Performancekunst, die: Kunst, bei der der Künstler selbst das Objekt seiner Kunst ist;

ohne XY auskommen: XY nicht benötigen;

sich als etwas/jemand tarnen: sich als etwas/jemand verkleiden, um wie etwas/jemand auszusehen und auf diese Weise möglichst nicht aufzufallen;

Passant, der: vorübergehender Fußgänger, in der Stadt spazierengehender Mensch;

zustande bringen: schaffen, erreichen;

klamm: steif (durch Kälte und evtl. Feuchtigkeit);

(etwas) fürchten: Angst (vor etwas) haben;

ohne Vorwarnung: ohne zu warnen, völlig überraschend;

vorerst: erstmal;

in dieser Hinsicht: bezogen auf diesen Punkt;

das warme Stübchen: zuhause, wo es warm ist (die Stube = altes Wort für (Wohn-)Zimmer);

in Windeseile: sehr schnell;

mehr oder minder: mehr oder weniger;

legal: in Einklang mit den geltenden Gesetzen;

Zucchini, die: mehrere grüne Gemüse;

Amaretti, die: mehrere kleine italienische Kekse;

Konfetti, das: Gesamtheit kleiner runder Papierschnipsel, mit denen man auf Kindergeburtstagen gerne um sich wirft;

(mit einer Sache) gut bedient sein: (eine Sache) ist genau das, was man braucht;


Donnerstag, 28. März 2013

Unter vier Augen

Das wachsame Auge hat es sofort bemerkt: Nach dem Riechen, Hören, Schmecken und Fühlen ist heute das Sehen an der Reihe der Themen, über die ich kurz sinnieren möchte.

Das Wichtigste vorweg: "Du musst mit den Wimpern klimpern" (Renate Kern, 1969)



Was man mit den Augen machen kann:
  • zwinkern: Ein oder beide Augen schnell schließen und sofort wieder öffnen. Kann eine Geste der Freundlichkeit, des Grußes sein. Oder man hat etwas im Auge.

  • für immer schließen: Schließen und nie mehr öffnen. Das sagen die anderen über einen, nachdem man gestorben ist.

  • komisch aus der Wäsche schauen: Um komisch aus der Wäsche zu schauen, muss man einfach ein wenig idiotisch gucken. Damit drückt man aus, dass man sich sehr wundert.

  • rollen: Augen rollen oder Augen verdrehen ist ein schnelles Mittel, um jemandem unmissverständlich klar zu machen, dass man mit seiner letzten Aussage oder seiner gesamten Person überhaupt nicht einverstanden ist. Auch Ereignisse oder ähnliches kann man so nonverbal kommentieren.

  • mit den Wimpern klimpern: Mehrmals hintereinander zwinkern. Kann Koketterie sein oder man hat etwas im Auge, das einfach nicht weggehen will.

  • schminken:Um die nonverbale Kommunikation mit den Augen zu erleichtern, ist es hilfreich, seine Augen schwarz hervorzuheben. So wird der Gesprächspartner auch weniger leicht abgelenkt.

  • schielen: Mit beiden Augen auf die eigene Nase schauen, ohne dabei einen Spiegel zu benutzen. Davon sind noch niemandem die Augen stehen geblieben, auch wenn Eltern das gerne behaupten.

  • liebäugeln: Man liebäugelt mit etwas, indem man darüber nachdenkt, oder mit dem Gedanken spielt, diese Sache zu haben oder zu erreichen. ("Er liebäugelte damit, sich den neuen [Lieblingsautomarke einsetzen] zu kaufen.") Früher hat man auch mit jemandem "geliebäugelt", jetzt flirtet man.


Zum Abschluss noch zwei deutsche Musikstücke der Gegenwart zum Thema Augen:

Seeed - Augenbling
Bushido - Augenblick


Print Friendly and PDF
unter vier Augen: zu zweit in einem Gespräch ohne weitere Anwesenden;

das wachsame Auge: (hier) Mensch, der mitdenkt;

über etwas sinnieren: über etwas nachdenken;

Wimper, die: Haar, das am Rand des Auges wächst;

Geste, die: Ausdruck/Mitteilung mithilfe des Körpers;

komisch: seltsam oder lustig;

unmissverständlich: ganz klar;

nonverbal: ohne Worte;

Koketterie, die: die Aufmerksamkeit anderer Menschen erlangen und ihnen gefallen wollen (meist sind Frauen kokett, um Männern zu gefallen)

ablenken: die Aufmerksamkeit auf andere Dinge bringen;

flirten: mit jemandem Blicke und schöne Worte tauschen, um ihr oder ihm zu gefallen und dieser Person sein (sexuelles) Interesse zu zeigen;

Sonntag, 17. März 2013

Flossen weg!

Mit den Händen kann man nicht nur etwas betasten. Nicht nur mit den Händen kann man etwas betasten. Und doch: Für den Tastsinn sind unsere Hände das wichtigste Werkzeug.

Löffel sind wie dafür gemacht, um von menschlichen Händen benutzt zu werden


Mit den Händen kann man wunderbare Dinge machen: Man kann krakeln, also auf Papier hässliche Striche machen, und man kann kritzeln, also auf Papier ungeordnete Striche machen. Man kann damit nähen, also auf Stoff geordnete Stiche machen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es Rechtshänder und Linkshänder gibt und das letztere gegen die Domination ersterer kämpfen wie einst die Frauen gegen die Oberhand der Männer in der Geschäftswelt. Doch eine Hand wäscht die andere – auch und vor allem im Job –, und während man meinen könnte, dass man Links- und Rechtshänder anhand eines relevanten Merkmals schnell unterscheiden kann, geht diese Einteilung in der Realität nicht immer so leicht von der Hand. Nur unwesentlich schwieriger ist folgendes Rätsel:

Welche der folgenden Wörter sind Bestandteile einer Hand?
  • Handtasse
  • Handwurzel
  • Handteller
  • Fingerkuppe
  • Fingerkuppel
  • Fingerglied
  • Nagelbett
  • Handlinie
  • Handbett
  • Handgelenk
  • Nagelkissen


Die Lösung liegt auf der Hand:
Handteller, Fingerkuppe, Fingerglied, Nagelbett, Handlinie und im weitesten Sinne das Handgelenk sind Bestandteile einer Hand.



Print Friendly and PDF
Flosse, die: ugs. Hand;

betasten: anfassen, um etwas über das Objekt zu erfahren;

ungeordnet: durcheinander, chaotisch;

nicht von der Hand zu weisen: völlig klar und offensichtlich;

Linkshänder: Mensch, der alles mit der linken Hand macht (aber nicht alles mit links!;));

einst: früher;

Oberhand, die: Macht;

eine Hand wäscht die andere: sich gegenseitig helfen;

leicht von der Hand gehen: einfach umzusetzen sein;

unwesentlich: so wenig, dass es nicht wichtig ist;

Montag, 11. März 2013

Betretenes Schweigen

Niemand redet sich gerne den Mund fusselig, denn das sieht nicht schön aus. Seitdem zunehmend per Schriftverkehr kommuniziert wird, scheint diese Gefahr (fusseliger Mund) zwar vorübergehend gebannt, aber noch ist ungewiss, ob die Umwälzung der Problematik vom Reden aufs Schreiben nicht zu ähnlichen Problemen, z. B. Fusseln an den Fingern, führen kann. Und dann die Zukunft! Wozu führen uns Spracherkennungssoftware wie Siri, mit der wir E-Mails nicht mehr schreiben, sondern diktieren oder billige Telefonflatrates, mit der wir stundenlang ohne zusätzliche Kosten telefonieren können?
Beschäftigen wir uns heute mit dem, was manche Menschen "Schnute" nennen.


Enten haben a) einen Schnabel, b) eine Schnauze, c) eine Schnute


Wärmen wir uns erst einmal auf. Zum Ankreuzen:
Im Mund befinden sich ...
  • Zähne
  • Zehen
  • Gaumen
  • Zunge
  • Nacken
  • Zahnzwischenräume
  • Verzahnungen
  • Rachen
  • Speicher
  • Speichel

Auflösung: Zehen sind an den Füßen, der Nacken hinten zwischen Kopf und Schultern. Verzahnungen findet man eher in Maschinen, wenn Zahnräder ineinandergreifen. Auf dem Speicher stellt man Sachen ab. Richtig sind also: Die Zähne, der Gaumen, die Zunge, die Zahnzwischenräume, der Rachen, der Speichel.

Aber zurück zu den Fusseln. Wenn man sich langweilt, während sich der Gesprächspartner den Mund fusselig redet, kann man sich nämlich einen Spaß daraus machen, ihm die Worte im Mund umzudrehen. Dazu sind anatomische Kenntnisse gar nicht erforderlich, man muss einfach alles persönlich nehmen und hinter jeder Aussage eine versteckte (oder offensive) Beleidigung vermuten. Alternativ kann man dem Gesprächspartner über den Mund fahren. Hierbei ist auch kein Fahrzeug notwendig; es reicht, wenn man ihn mit einer flapsigen Bemerkung in seinem Redefluss unterbricht.

Mit dem Mund kann man aber nicht nur reden, sondern auch schweigen. So wie der Weißraum auf einer Magazinseite den Text erst so richtig appetitlich macht, so wie der Hunger das Essen erst richtig schmackhaft macht, so verhilft das Schweigen dem Gesagten erst so richtig zu Größe. Das in der Überschrift erwähnte "betretene" Schweigen dagegen resultiert dagegen meist aus einem unangenehmen Gesprächsthema.

Wenn man schon mal schweigt, lohnt es sich oft, auch gleich etwas zu essen. Denn beim Essen soll man schließlich nicht reden – dabei liefe man nämlich Gefahr, sich zu verschlucken oder das noch nicht Hinuntergeschluckte aus Versehen wieder auszuspucken. Die Zunge hat auf ihrer Oberseite einen Haufen Geschmacksknospen (eins der schönen deutschen Wörter übrigens, denn eine Knospe ist auch eine noch nicht aufgeblühte Blüte), mit dem man sich einem Geschmackserlebnis hingeben kann. Das garantieren auf unnachahmlich gute Weise →Tiramisu und →Karottenkuchen.

Eine weitere wichtige Verantwortlichkeit des Mundes, gleich nach Reden, Schweigen, Kauen, Schlucken und Spucken, möchte ich euch gleich als Empfehlung mit auf den Weg geben: Den Mund kann und sollte man auch zum Küssen nutzen.


Print Friendly and PDF
betreten: verlegen, unangenehm berührt;

schweigen: nichts sagen;

fusselig: mit Fusseln, z. B. kann ein Pullover fusselig sein;

Fussel, der: kleiner Faden oder Stoffteilchen;

zunehmend: mehr und mehr;

ungewiss: man weiß es nicht;

Umwälzung, die: Von-A-nach-B-Verschiebung;

diktieren: Text sprechen, damit er so aufgeschrieben wird;

Schnute, die: süßer oder beleidigter Mund;

Schnabel, der: Mund eines geflügelten Tieres oder ugs. für Mund des Menschen;

Schnauze, die: Mund des Hundes oder salopp für Mund des Menschen;

Speicher, der: Dachboden oder anderer Bereich, um etwas aufzubewahren;

jdm. die Worte im Mund umdrehen: das Gesagte (mit Absicht) falsch verstehen;

etwas persönlich nehmen: etwas (negativ) auf sich beziehen;

offensiv: angreifend;

Beleidigung: Kränkung, Verletzung;

jdm. über den Mund fahren: jdn. unfreundlich unterbrechen;

flapsig: unhöflich, unfreundlich;

Redefluss, der: ununterbrochenes Reden;

Weißraum, der: unbedruckter (daher oft weißer) Raum auf einer Seite Papier;

Magazin, das: Zeitschrift;

zu Größe verhelfen: dafür sorgen, dass es eine Wichtigkeit bekommt;

schlucken: etwas aus dem Mund in den Magen schicken;

spucken: etwas aus dem Mund schlagartig herausbefördern;

Geschmacksknospe, die: kleine Abteilung auf der Zunge, die für das Schmecken zuständig ist;

unnachahmlich: nicht zu kopierend;


Sonntag, 3. März 2013

Aufs Ohr gehauen

Nachdem wir uns letzte Woche mit dem Sinn Riechen und der dazugehörigen Nase beschäftigt haben, ist heute ein Sinn dran, der von allen Sinnen am schlechtesten behandelt wird: Der Hörsinn.



Haben Wände Ohren? Wenn ja: Wo?


Schon in der Kindheit fängt es an: Beim kleinsten Missgeschick werden einem die Ohren langgezogen. Später als Teenager hat man es faustdick hinter den Ohren – und ganz grün ist man dort auch noch ... nicht sehr ästhetisch. Doch auch als Erwachsener wird es nicht besser: Nicht selten kommt es vor, dass einem ein Ohr abgekaut wird oder ein Floh ins Ohr gesetzt wird, hin und wieder wird man auch übers Ohr gehauen – knapp daneben tut auch ganz schön weh! Zu allem Übel nisten sich auch Ohrwürmer gerne tagelang im sensiblen Gehörgang ein und machen dort (meist schlechte, nervige) Musik. Doch damit nicht genug: Zu viele Ohrwürmer und zu viel um die Ohren sorgen meist für eine echte Gefährdung des Hörsinns: Tinnitus. Diese kleinen Tierchen krabbeln in die Ohren und machen dort dauerhaft schlechte Musik, noch viel schlechtere als die Musik der Ohrwürmer. Während bei Ohrwürmern noch Zeit und Ablenkung helfen, steht der Mensch den Tinnitus-Tierchen oft hilflos gegenüber. Viele versuchen dann, sich Linderung zu verschaffen, indem sie sich aufs Ohr hauen – meist erfolglos. Denn mit Gewalt lassen sie sich nicht vertreiben, man muss sie ihr Lied schon zu Ende spielen lassen; irgendwann werden sie dann von alleine müde.

Schaf mit Schlappohren


Das waren jetzt zehn Wendungen im Zusammenhang mit Ohren, kanntet ihr sie alle? Und was bedeuten die folgenden Aussprüche?
  1. Das ist ja unerhört!
  2. Das ist Musik in meinen Ohren.
  3. Ich bin ganz Ohr!
  4. Halt die Ohren steif!
  5. Sie ist bis über beide Ohren verliebt.
  6. Schreib dir das hinter die Ohren!
  7. Dein Wort in Gottes Ohr!

Unzählige weitere Wendungen zum Thema "Ohr" gibt's im Duden.

Print Friendly and PDF
Wände haben Ohren.: Es könnte jemand lauschen, um Geheimnisse herauszufinden.; (Walls have ears.)

jdm. die Ohren langziehen: jemanden tadeln/zurechtweisen; (to have someone's butt)

es faustdick hinter den Ohren haben: gerissen, schlau sein, obwohl man harmlos aussieht (meist Kinder/Jugendliche); (to be a sly dog)

noch ganz grün hinter den Ohren sein: noch unreif sein (Jugendlicher); (to be half-baked)

jdm. ein Ohr abkauen: zu viel reden; (to talk someone's ear off)

jdm. ein Floh ins Ohr setzen: jdm. auf einen (dummen) Gedanken bringen; (to put an idea into someone's head)

jdn. übers Ohr hauen: jdn. betrügen; (to betray so.)

Knapp daneben ist auch vorbei.: (Das sagt man so, obwohl es logisch ist.);

ganz schön weh tun: nicht nur ein bisschen schmerzen, sondern etwas mehr; (to hurt badly)

zu allem Übel: als wenn das noch nicht schlimm genug wäre; (to make matters worse)

sich einnisten: (Tiere) in eine "Wohnung" einziehen und dort bleiben; (to nest)

Ohrwurm, der: Lied, das einem nicht aus dem Kopf geht; (earworm)

Gehörgang, der: Innere des Ohrs; (ear canal)

viel um die Ohren haben: viel zu tun haben; (to have a lot on one's plate)

Tinnitus, der: Krankheit, bei dem die Ohren fiepen/klingen; (tinnitus)

hineinkrabbeln: (kleine Tiere und kleine Kinder) sich auf allen Vieren in etwas hineinbewegen; (to crawl into)

Linderung, die: (bei Schmerzen) Besserung; (relief)

sich aufs Ohr hauen: (ugs.) sich hinlegen (zum Schlafen); (to take a nap, to go to bed)

hauen: schlagen; (to hit)

unerhört sein: (eine Aussage) unverschämt, sehr frech sein; (outrageous)

Musik in jds. Ohren sein: ein Kompliment sein, etwas sein, dass man gerne hört; (music to someone's ears)

ganz Ohr sein: ganz aufmerksam sein, jemandem gut zuhören ("Ich bin ganz Ohr." = "Schieß los, ich hör dir zu."); (to be all ears)

Halt die Ohren steif!: Pass auf dich auf! (sagt man oft als Abschiedsgruß) (Take care!)

bis über beide Ohren verliebt sein: total verliebt sein; (to be head over heels in love)

sich etwas hinter die Ohren schreiben: sich etwas sehr gut einprägen/merken; (to make sure to remember sth.)

Dein Wort in Gottes Ohr/Gehörgang!: Hoffentlich wird es so, wie du sagst.; (Let's hope so, by goodness!)

Montag, 25. Februar 2013

Ganz von Sinnen

Man mag streiten, wie viele Sinne der Mensch hat. Je nach Definition zählt man zu den fünf uns allen bekannten Sinnen (Riechen, Schmecken, Hören, Sehen, Fühlen) noch den Temperatursinn, den Gleichgewichtssinn, den Sinn für Schmerz und das Körperempfinden. Im Volksmund taucht auch oft der "sechste Sinn" auf, womit nichts geringeres als die Intuition gemeint ist. Da das Thema "Sinne" also offensichtlich ganz schön umfangreich ist, konzentrieren wir uns heute nur auf einen Sinn – den Geruchssinn – und alles, was sprachlich dazugehört.

Dante Alighieris adlerhafte Nase war berühmt-berüchtigt. (Bild: Wiki Commons)


Alleine für das Riechen gibt es zahlreiche Begriffe: So kann man an einem Duft schnuppern oder schnüffeln; und auch im übertragenen Sinn kann man in eine Sache "hineinschnuppern", also: nur mal ausprobieren und schauen, ob es einem gefällt. Hunde oder andere olfaktorisch bewanderte Tiere können eine Beute wittern, also anhand ihres Geruchs erkennen. Das hat nichts mit twittern zu tun – so gut wie Hunde können Vögel nämlich nicht riechen. Aber immer der Nase nach: Geruch ist der neutrale Ausdruck – Duft heißt es, wenn es gut riecht, und Gestank, wenn es schlecht riecht. So findet man etwas super, wenn man sagt: "Das find ich dufte." Und wenn eine Sache "zum Himmel stinkt", dann stimmt daran irgendetwas nicht.

Für die Nase gibt es auch einige spezifischere Bezeichungen. "Nimm deinen Rüssel da weg." könnte beispielsweise der Situation entstammen, dass ein Kind seine Nase über den Herd hängt, während die Mutter dort am Werkeln ist. Eine besonders große Nase würde man – je nach Form – einen "Zinken" oder eine "Knolle" nennen, was folglich schnell beleidigend wirken kann. Auch "Riecher" sagt man nicht selten, wobei auch damit die Intuition gemeint sein kann. ("Er hat dafür wirklich einen guten Riecher.")

Liste berühmter Nasen:
  • Pinocchio (lang)
  • Cleopatra (groß/schön)
  • Michael Jackson (operiert)
  • Sphinx (abgefallen)
  • Jean-Baptiste Grenouille, Romanfigur aus Patrick Süskinds "Das Parfum" (extrem gut)

Nunja, nicht alle dieser Persönlichkeiten konnten sich mit ihrem Riecher eine goldene Nase verdienen und so manch einer – Pinocchio allen voran – hatte von dem Trubel um sein Riechorgan die Nase schon gestrichen voll. Da helfen nur Taschentücher.

Print Friendly and PDF
ganz von Sinnen: verrückt, durchgedreht; (out of one's senses)

Gleichgewicht, das: Gefühl für Positionsänderungen des Körpers im Raum; (equilibrium)

Körperempfinden, das: Gefühl für Lage, Kraftzustand und Bewegung des eigenen Körpers;

Volksmund, der: Umgangssprache; (colloquial language)

Intuition, die: inneres Gefühl; (intuition)

adlerhaft: wie von einem Adler; (like an eagle)

berühmt-berüchtigt: (ironisch) durch zweifelhafte Taten große Bekanntheit erlangt; (notorious)

olfaktorisch: den Geruchssinn betreffend; (olfactory)

bewandert: begabt, versiert; (well-versed)

twittern: eine Nachricht über Twitter schicken, englisch für zwitschern (das Singen von Vögeln);

immer der Nase nach: immer dem (guten) Geruch folgen, z. B. in die Küche (hier gemeint: immer der Reihe nach = eins nach dem anderen); (following one's nose)

Rüssel, der: lange Nase von Tieren wie dem Elefanten, dem Nasenbären oder manchen Insekten; (trunk, snout)

werkeln: arbeiten; (to work)

sich mit etwas eine goldene Nase verdienen: mit etwas viel Geld verdienen; (to make a mint of money)

Trubel, der: viel Trara, viel los, hier: oft im Gespräch; (hurly-burly)

Riechorgan, das: Nase; (olfactory organ)

die Nase (gestrichen) voll haben von etwas: eine Sache (sehr) überdrüssig sein; (to have had enough)

Sonntag, 17. Februar 2013

Zieh-mich-unter und Zieh-mich-hoch

Bei diesem Wetter muss man nicht nur etwas über- sondern auch etwas unterziehen. Aber statt sich ein Feinripp-Unterhemd unterzuziehen und eine dicke Jacke überzuziehen (Betonung hier: überziehen), kann man auch im Warmen bleiben und sich in der Küche zu schaffen machen.

Denn auch dort kann man Dinge unter- und überziehen: Einen Gugelhupf überzieht man mit Schokoladenglasur (Betonung hier: überziehen), und bei der italienischen Nachspeise der italienischen Nachspeisen, dem Tiramisu, zieht man auch etwas unter. Eischnee nämlich. Womit wir erneut beim Wetter wären.

Für triste Wintertage und dicke Pullis ideal:
Das besonders fruchtige Tiramisu



Man nehme:
  • Für die Mascarpone-Creme:
    50 g Zucker
    2 Eigelb
    250 g Mascarpone
    abgeriebene Zitronenschale
    2 Eiweiß
    1 Prise Salz
    1 EL Zucker
  • Für die Himbeerschicht:
    1 Packung (evtl. gefrorene) Himbeeren
    1 EL Zucker
  • Für die Knusper-Keksschicht:
    50 g (französische Butter-)Kekse
    25 g Butter
    20 g Zucker
  • Für die Löffelbiskuit-Schicht:
    1 Packung Löffelbiskuit
    1 Tasse Espresso
Man mache:
  1. Himbeeren wenn nötig auftauen und dann mit einer Gabel zermanschen. 1 EL Zucker unterrühren.
  2. In einer großen Schüssel 50 g Zucker und 2 Eigelb cremig rühren. Mascarpone und Zitronenschale darunterrühren. In einem Rührbecher mit dem Rührgerät die zwei Eiweiß mit 1 Prise Salz und 1 EL Zucker steif schlagen (→ Eischnee). Den Eischnee unter die Mascarpone-Masse ziehen, d. h. vorsichtig seitlich unterheben, damit es schön luftig bleibt.
  3. Kekse zerbröseln, Butter in einem kleinen Topf auf niedriger Temperatur schmelzen. Zucker und Kekse in die Butter geben. Umrühren und abkühlen lassen.
  4. Espresso in eine Schale gießen. Löffelbiskuit bereit halten. Denn jetzt wird geschichtet!
  5. In einzelne Gläser oder in eine große Form (aus Glas oder Keramik) schichtweise Kekse, Mascarpone-Creme, in Espresso getauchte Löffelbiskuits und Himbeeren schichten, bis alles aufgebraucht ist. Ein paar Stunden in den Kühlschrank stellen.
  6. Essen.
Wen der lange Winter runtergezogen hat, der wird von diesem Tiramisu auf jeden Fall wieder hochgezogen. Denn wörtlich heißt das Tiramisu (Tira-mi-su) soviel wie "Zieh-mich-hoch". Ob sich das auch im Italienischen auf die Laune bezieht, bleibt allerdings offen.

Print Friendly and PDF
Feinripp-Unterhemd: warme Unterwäsche für den Oberkörper; (undershirt made of cotton, "wife-beater")

sich (an einem Ort oder an einer Sache) zu schaffen machen: tätig werden, arbeiten; (to tamper with sth.)

Gugelhupf, der: ein runder Kuchen mit Loch in der Mitte;

Schokoladenglasur, die: Außenschicht aus Schokolade für Kuchen oder Kekse; (chocolate glazing)

Nachspeise, die: Dessert, Nachtisch; (dessert)

Eischnee, der: luftig geschlagenes Eiweiß; (beaten egg whites)

trist: traurig; (sad)

Eigelb, das: das Gelbe vom Ei; (egg yolk)

Mascarpone: gibt's beim Quark, Joghurt usw. im Kühlregal;

geriebene Zitronenschale: fein geraspelte Zitronenschale; (lemon cest)

Eiweiß, das: das Transparente bzw. Weiße vom Ei; (egg white)

Prise, die: Menge, die zwischen drei Finger passt; (pinch)

Knusper-: etwas, das eine harte Konsistenz hat (z. B. Knusper-Müsli); (crispy)

Löffelbiskuit: bestimmte Art von Keksen (gibt's in der Keksabteilung); (ladyfingers)

auftauen: etwas Gefrorenes wieder flüssig machen, meist durch Wärmezufuhr; (to defrost)

zermanschen: (ugs.) zu einem Brei zerdrücken; (to squash)

zerbröseln: zerkrümeln, in kleine Stückchen brechen; (to

bereit halten: schon mal hinlegen, da man es gleich braucht;

schichten: eine Schicht auf die nächste Schicht legen; (to layer)

schichtweise: Schicht für Schicht; (in layers)

tauchen: in eine Flüssigkeit halten; (to dip)

aufgebraucht: leer, alle, weg; (used up)

runtergezogen werden: (hier) leicht depressiv werden; (to be dragged down)

hochgezogen werden: (hier) wieder gute Laune bekommen; (to be pulled up)

Sonntag, 10. Februar 2013

Von X nach U

Sprachenlernen mit Vokabellisten ist langweilig und veraltet. Trotz dieser einleuchtenden Binsenweisheit wird das aber erstaunlich häufig versucht. Dabei gibt es etwas viel Besseres: Assoziationsketten.


Eine Assoziationskette geht so: Man fange bei einem Wort an, z. B. Apfel. Woran erinnert dich das? Zum Beispiel an eine Birne. Eine kurze Assoziationskette könnte wie folgt lauten: Apfel - Birne - Obst - Garten - Wiese - Hängematte - Schlafen.

Noch besser geht es mit Sätzen:



Es ist Sonntag Mittag. Mitten im Wald steht ein Baum. Bauen wir doch ein Baumhaus und hauen uns dann aufs Ohr. Ich habe einen Ohrwurm. Die Würm ist ein Fluss. Das ganze Leben ist ein Fluss. Panta rhei. Die neue Platte von Pantha Du Prince ist da. Prinzessin auf der Erbse schläft schlecht. Ich bin kein Erbsenzähler, ich bin ein Geschichtenerzähler. Schicht legt sich auf Schicht bis hinein in die Nachtschicht und dann ist Schicht im Schacht. Wir graben den Schacht von Babel, den ganzen Weg rückwärts. Im Dunkel der Sprachverwirrung. Gedankenverirrung.



Natürlich kocht man so im eigenen Saft, wenn man diese Übung alleine macht. Im besten Fall kommt man auf Wörter, die man selten benutzt. Wenn man das allerdings zu zweit macht, kann man nicht nur viele Dinge vom und über den anderen lernen, sondern auch viel Spaß haben.
Ohne passenden Partner dagegen könnte man "Assoziationskette" googlen und auf eine Seite wie diese gelangen: Assoziationskette.de. Hier kann jeder einfach auf das letzte Wort einer einzigen Assoziationskette seine eigene Assoziation antworten. So geht das dann immer weiter. Auf der Internetseite seht ihr die letzten 5 bzw. 50 Assoziationen. Obendrein gibt es die gesamte Kette als txt-Datei zum Download für die U-Bahn-Lektüre.

Apropos U-Bahn:



Print Friendly and PDF


einleuchtend: logisch, nachvollziehbar; (obvious)

Binsenweisheit, die: allgemein bekannte Tatsache; (truism)

erstaunlich: hier: sehr; (astonishingly)

sich aufs Ohr hauen: sich schlafen legen; (to take a nap, to hit the pillow)

Ohrwurm, der: Lied, das einem nicht mehr aus dem Kopf geht; (earworm)

Panta rhei.: (griech.) Alles fließt.;

Platte, die: hier: CD, LP; (album)

Prinzessin auf der Erbse, die: Märchen vom verwöhnten Mädchen; (princess and the pea)

Erbsenzähler, der: pedantische Person; (nitpicker)

Schicht, die: Lage; (layer)

Nachtschicht, die: Menschen, die nachts arbeiten; (night shift)

Schicht im Schacht: zu Ende sein;

Schacht, der: langer Hohlraum, z. B. Lüftungsschacht in Gebäuden; (shaft)

Verwirrung, die: Kuddelmuddel, Konfusion; (confusion)

Verirrung, die: vom Weg abkommen; (to get lost)

im eigenen Saft kochen: keine Informationen von außen bekommen;

obendrein: noch dazu; (additionally)

U-Bahn-Lektüre, die: was man in der U-Bahn liest;


Samstag, 2. Februar 2013

Reimchen schüttel Dich

Schütteln lässt sich vieles. Am häufigsten begegnet man dem Verb wohl in der Redewendung „den Kopf schütteln“, wo es das Gegenteil von Nicken bedeutet: Man drückt so stumm seine Ablehnung aus.

Ein Hund schüttelt sich Wasser aus dem Fell
Kopfschütteln ist die Geste für „Nein“. Das gilt jedoch nicht für alle Kulturen und könnte etwa in Bulgarien, Albanien, Griechenland oder Indien zu Missverständnissen führen, denn dort zeigt man durch Kopfnicken seine Ablehnung.
Es ist übrigens gar nicht so einfach, den Kopf zu schütteln und dabei „Ja“ zu sagen oder zu nicken und „Nein“ zu sagen, wenn man es anders herum gewohnt ist. Probiert es mal aus.

Ein Barmann schüttelt die Zutaten eines Cocktails in einem Shaker. Wenn jemand „mit Kopfschütteln auf etwas reagiert“, dann wundert er sich oder kann etwas gar nicht verstehen. Ein Wodka-Martini gerührt? Darüber kann James Bond bloß den Kopf schütteln, denn er trinkt ihn nur geschüttelt. Vielleicht schüttelt er sich auch vor Lachen, wenn man ihm diese Frage stellt. Oder er muss er sich allein schon beim Gedanken an einen gerührten Martini vor Abscheu schütteln.

Um nicht mühsam Apfel für Apfel vom Baum pflücken zu müssen, kann man diesen schütteln und das Fallobst anschließend vom Boden auflesen. Apropos mühsam, apropos schütteln, apropos lesen: auch Wörter lassen sich durchschütteln, um aus ihnen Gedichte mit Schüttelreimen zu machen.

Der Schüttelreim ist eine Reimform, bei der die (Anfangs-)Konsonanten der letzten beiden betonten Silben miteinander vertauscht werden.

aus Wikipedia

Schüttelreime sind oft sehr lustig, weil sie scheinbar Unvereinbares oder Weitauseinanderliegendes durch den Reim miteinander verbinden. Geschüttelt zu reimen verstand der Dichter Erich Mühsam so meisterlich wie kaum ein zweiter. Von ihm stammen die folgenden Verse:

Erich Mühsam (1878-1934)
Der ist ein großer Schweinehund,
dem je der Sinn für Heine schwund.

Wird noch vom Dichterwert geschwätzt?
Oh nein! Jetzt wird das Schwert gewetzt.

Es wird sogar schon sehr gewetzt

und sich damit zur Wehr gesetzt.

Der Sänger singt am Weiher leise,

doch singt er etwas leierweise.

Mein kleines Mädchen reibt sich leise

Das Aug’, wenn ich nach Leipzig reise.

Mit einem starken Schweden ringen,

Ist nicht so leicht wie Reden schwingen.

(Quelle der Schüttelreime: Projekt Gutenberg)

Noch mehr Schüttelreime von Erich Mühsam gibt es hier.

PS: Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag. :)

Print Friendly and PDF
Nicken: Kopf nach oben und unten bewegen; (nodding)

stumm: ohne etwas zu sagen; (mute)

Abscheu, die: Ekel; (discust)

mühsam: anstrengend; (arduous)

pflücken: vom Baum abmachen (to pick)

Fallobst, das: (durch den Wind) heruntergefallene Früchte; (windfall)

auflesen: aufsammeln; (to collect)

Schüttelreim, der: (spoonerism)

Unvereinbare, das: etwas, das nicht zusammen passt; (incompatible)

verstehen (zu): beherrschen; (to know about)

Schweinehund, der: hier: schlechter Mensch;

schwund (schwinden): (langsam) vergehen; (to fade away)

schwätzen: (ugs.) reden; (to chat)

Schwert, das: Waffe; (sword)

wetzen: schärfen, scharf machen; (to sharpen)

Weiher, der: kleiner See; (small lake)

leierweise: hier: schlecht;

ringen: kämpfen; (to fight)

Reden schwingen: schlau daherreden, Monologe halten;





Samstag, 19. Januar 2013

Janz köstlich amüsiert

Im Berliner Raum gibt es den Ausdruck "sich wie Bolle freuen" und "ne Bolle", Kinder ziehen einen "Bollerwagen" hinter sich her, im Schwarzwald war der "Bollenhut" mal der letzte Schrei. Was hat es mit diesem bizarren Wortstamm "Bolle" auf sich?

Der Bollerwagen war früher das bevorzugte Transportmittel für jede Art von Ladung. Bild: Wiki Commons

Als man Fotos noch von Hand kolorierte, trug man im Schwarzwald Bollenhüte. Bild: Wiki Commons


"Bolle" heißen runde, knollenartige Dinge (man denke auch an andere runde Dinge wie Rolle, Pollen, Wolle). In Berlin kann man zur Zwiebel "Bolle" sagen, im Schwarzwald sind es die roten oder schwarzen "Bollen", die dem Bollenhut seinen Namen geben. Woher in dem bekannten Berliner Volkslied "Bolle reiste jüngst zu Pfingsten" der Name des Protagonisten kommt, ist ungewiss. Zu Recht vermuten kann man aber, dass daher der umgangssprachliche Ausdruck "er/sie freut sich wie Bolle" stammt. Zur Veranschaulichung die erste der sieben Strophen des Lieds, mit dezentem Berliner Dialekt:



Bolle reiste jüngst zu Pfingsten,
Nach Pankow war sein Ziel;
Da verlor er seinen Jüngsten
Janz plötzlich im Jewühl;
’Ne volle halbe Stunde
Hat er nach ihm jespürt.
Aber dennoch hat sich Bolle
Janz köstlich amüsiert.

(Der janze Text kann bei Wikipedia uffjespürt werden.)


Das Wort "Bollerwagen" kommt auch aus dieser Richtung: Wenn etwas bollert, dann rollt es mit polterndem Geräusch, so weiß es der Duden. Der Bollerwagen ist ein kleiner Wagen, der von Hand gezogen wird und einfache Räder aus Holz oder Metall hat, die die Fahrt für die Fracht recht ungemütlich machen.

Übrigens: Nur die Berliner freuen sich wie Bolle, im Rest Deutschlands dagegen freut man sich wie ein Schneekönig.

Print Friendly and PDF
sich wie Bolle freuen: (reg.) sich sehr freuen; (to be very happy)

Bolle, die: (berlin.) Zwiebel; (onion)

Bollerwagen, der: (berlin.) Leiterwagen; (hand cart)

Bollenhut, der: (reg.) Hut mit Bommeln drauf; (hat with bobbles)

kolorieren: ausmalen, farbig machen; (to color)

knollenartig: wie eine Knolle (runde Wurzel); (potato-shaped)

Pollen, der: löst im Frühjahr Allergien (Heuschnupfen) aus; (pollen)

Protagonist, der: Hauptperson; (protagonist)

zu Recht: mit gutem Grund; (with good cause)

dezent: sehr leicht; (slight)
_______

jüngst: vor kurzem; (recently)

Pfingsten: christliches Fest 50 Tage nach Ostern; (Pentecost)

Pankow: Stadtteil in Berlin, früher Vorort von Berlin;

Jüngster, der: der jüngste Sohn; (youngest)

janz: (berlin.) ganz;

Jewühl, das: (berlin.) Gewühl, Menschenmenge; (crowd)

'ne: (ugs.) eine;

jespürt: (berlin.) gesucht; (searched for)

sich köstlich amüsieren: eine Menge Spaß haben; (to have a jolly good time)

uffjespürt: (berlin.) aufgespürt; (found)
_______

polternd: laute Geräusche machend (→Polterabend); (rumbling)

Fracht, die: Ladung, Transportgut; (load)

recht: ziemlich; (quite)

sich freuen wie ein Schneekönig: sich sehr freuen; (to be as merry as a lark)




Sonntag, 13. Januar 2013

Ein Koffer voll Worte

Wenn ihr einem Deutschen erzählt, dass ihr jetzt wisst, was ein Kofferwort ist, wird er euch möglicherweise schief anschauen und sagen: Erklär mal.
Deshalb erkläre ich euch heute, was das ist, dieses Kofferwort, genauso wenig bekannt als Portmanteau oder Schachtelwort:

Sirene: Fabelwesen aus Frau und Vogel bzw. Frau und Fisch; Quelle: Wikipedia


So wie diverse Fabelwesen der griechischen Mythologie eine Kombination mindestens zweier Körperteile verschiedener Tiere oder des Menschen sind, besteht ein Kofferwort aus zwei (oder mehr) Teilen unterschiedlicher Wörter, die zu einem einzigen Wort mit neuer Bedeutung zusammengezogen werden. Im Gegensatz zu den im Deutschen normalen Zusammensetzungen (Tee + Kanne = Teekanne) verschwinden beim Kofferwort Wortteile der Ausgangswörter oder überlagern sich.

Nachfolgend ein paar Beispiele im Deutschen:

  • Jein: Ja + Nein = einerseits Ja, andererseits Nein
  • Kurlaub, der: Kur + Urlaub = entspannender Aufenthalt in einem Kurort
  • Denglisch, das: Deutsch + Englisch = schlechtes Englisch mit deutschem Akzent oder mit vielen Anglizismen gespicktes Deutsch
  • Besserwessi, der: Besserwisser + Wessi = ein Wessi, der alles besser weiß
  • sich (im Bett, im Schlamm) sühlen: suhlen + wühlen = (unbeschreiblich, einfach ausprobieren)
  • jemanden diezen/suzen: siezen + duzen = jemanden mit Vornamen ansprechen, aber "Sie" sagen, oder mit "Frau/Herr X" ansprechen, aber "du" sagen
  • Schlepptop, der: schleppen + Laptop = ein Laptop, den man mit sich herumschleppt/-trägt

Journalisten denken sich gerne mal Neologismen dieser Art aus – vor allem, wenn es politisch wird. Dann entsteht aus Demokratie und Diktatur eine Demokratur, der Euro wird zum Teuro (teuer + Euro) und wenn Frau Merkel und Herr Hollande sich treffen, nennen sie das Merkollande.

Im Englischen gibt es zahlreiche dieser Wortschöpfungen und viele davon wurden ins Deutsche übernommen. So ist der Smog vieler Metropolen eine Mischung aus Smoke (Rauch) und Fog (Nebel) oder das Backronym (back + acronym) ein Wort, deren einzelnen Buchstaben nachträglich eine Bedeutung zugeschrieben wird (z. B. Team = Toll, ein anderer machts!).

Mehr deutsche Beispiele findet ihr beim Wikipedia-Artikel Kofferwort und zum Amüsieren empfehle ich euch auch den der englischen Kofferwörter.

Und wenn euch noch weitere Beispiele einfallen, lasst es mich unbedingt wissen! :D

Print Friendly and PDF
Kofferwort, das: (portmanteau, blend)

jemanden schief anschauen: jdn. zweifelnd oder ungläubig anschauen;

Fabelwesen, das: ein Lebewesen, das nur in der Mythologie existiert; (mythical creature)

Fabel, die: erfundene, meist realitätsferne Geschichte; (fable, tale)

Kurort, der: Ort, um gesund zu werden, meist mit viel Natur in der Umgebung; (health resort)

gespickt mit etwas: mit etwas versehen, etwas enthalten, z. B. der Apfel ist mit Nelken (Gewürz) gespickt; (to be peppered with)

Besserwisser, der: ein Mensch, der glaubt, er wisse alles besser als sein Gesprächspartner; (know-it-all)

Wessi, der: abfällige Bezeichnung der Bewohner der alten Bundesländer (von "Westen"), Gegenteil: Ossi (von "Osten");

sich suhlen: sich genüsslich wälzen, z. B. Wildschwein im Schlamm oder Urlauber am Strand;

wühlen: sich tief in etwas hineinarbeiten, z. B. Maulwurf in die Erde oder sonntags in die Bettdecken;

jdn. siezen: zu jdm. "Sie" sagen;

jdn. duzen:zu jdm. "du" sagen;

schleppen: (einen Gegenstand) unter Anstrengung tragen;

Neologismus, der: Wortschöpfung, Wortkreation; (neologism)

nachträglich: erst später, erst im Nachhinein; (retrospectively)