Sonntag, 16. Dezember 2012

Knecht Ruprecht – Ein wenig Kulturgut

Anlässlich der nahenden Weihnacht stelle ich euch das Gedicht "Knecht Ruprecht" von Theodor Storm vor:



Theodor Storm: Knecht Ruprecht
Von drauß', vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Überall auf den Tannenspitzen
sah ich goldene Lichtlein blitzen,
und droben aus dem Himmelstor
sah mit großen Augen das Christkind hervor.

Und wie ich strolch' durch des finster'n Tann',
da rief's mich mit heller Stimme an:
"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell´,
heb deine Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
das Himmelstor ist aufgetan,
alt und jung sollen nun
von der Jagd des Lebens einmal ruh'n,
und morgen flieg' ich hinab zur Erden;
denn es soll wieder Weihnachten werden!"

Santa Claus auf seinem Schlitten
Ich sprach: "Oh lieber Herre Christ,
meine Reise fast zu Ende ist;
ich soll nur noch in diese Stadt,
wo's eitel gute Kinder hat."

"Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier;
denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
essen fromme Kinder gern."

"Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
doch für die Kinder nur, die schlechten,
die trifft sie auf den Teil, den rechten!"

Christkindlein sprach: "So ist es recht;
so geh mit Gott, mein treuer Knecht!"
Von drauß', vom Walde komm ich her;
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hier innen find!
sind's gute Kind, sind's böse Kind?

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Knecht, der: (veraltet) männlicher Diener; (servant)

Knecht Ruprecht: ein Helfer von Santa Claus/ vom Weihnachtsmann; (Santa's helper)

Kulturgut, das: wichtiger Bestandteil einer Kultur; (cultural goods)

drauß': draußen; (outside)

Tanne, die: Weihnachtsbaum, Nadelbaum; (fir)

blitzen: schnell und hell leuchten; (to sparkle)

droben: oben; (above)

Christkind, das: ähnlich wie Weihnachtsmann, verteilt in Süddeutschland die Geschenke; (Christ Child)

strolchen: ohne sichtliches Ziel umherlaufen; (stray)

finster: (stock)dunkel; (dark)

Geselle, der: Mitmensch, Freund; (friend)

sich sputen: sich beeilen; (hurry)

Schlitten, der: Fahrzeug des Weihnachtsmanns, ist auch super zum Berg-hinunterfahren (rodeln); (sleigh)

eitel: (hier, ungebräuchlich) nur;

Säcklein, das: kleiner Sack, Beutel; (little bag)

fromm: gottgläubig, brav; (pious)

Rute, die: (virtueller) Stock, um bösen Kindern anzudrohen, damit geschlagen zu werden; (rod)

Samstag, 8. Dezember 2012

Winter-Gemütlichkeit

Warme Bären-Lehren sind genau das Richtige an einem kalten Wintertag:



Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit
jagst du den Alltag und die Sorgen weg.
Und wenn du
stets gemütlich bist und etwas appetitlich ist, dann nimm es dir egal von welchem Fleck.
Was soll ich woanders, wo's mir nicht gefällt?
Ich gehe nicht fort hier,
auch nicht für Geld.
Die Bienen summen in der Luft, erfüllen sie mit Honigduft,
und schaust du unter den Stein, erblickst du Ameisen, die hier gut gedeih'n.
Probier mal zwei, drei, vier!

Denn mit Gemütlichkeit kommt auch das Glück zu dir!
Es kommt zu dir!

Probier's mal mit Gemütlichkeit,
mit Ruhe und Gemütlichkeit
vertreibst du deinen ganzen Sorgenkram.
Und wenn du stets gemütlich
bist und etwas appetitlich ist, dann nimm es dir egal woher es kam.
Na und pflückst du gerne Beeren
und du piekst dich dabei,
dann laß dich belehren: Schmerz geht bald vorbei!
Du musst bescheiden, aber nicht gierig im Leben sein, sonst tust du dir weh,
du bist verletzt und zahlst nur drauf, darum pflücke gleich mit dem richt'gen Dreh!
Hast du das jetzt kapiert?

Denn mit Gemütlichkeit kommt auch das Glück zu dir!
Es kommt zu dir!

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Fleck, der: hier Ort; (place)

gedeihen: gut wachsen, leben; (to prosper)

Kram, der: unnütze Dinge, Zeug; (stuff)

sich pieken: sich stechen, sich an einem spitzen Gegenstand verletzen; (to prick)

jdn. belehren: jdn. aufklären, aus einer übergeordneten Rolle heraus (z. B. Lehrer) eine Weisheit/Lehre vermitteln; (to instruct, teach)

kapieren: ugs. verstehen; (to get)

sich schubbern: seinen Körper an einem Gegenstand reiben, sich kratzen; (to scrape)

sich plagen: sich abmühen (z. B. durch viel Arbeit); (to labor)

jawoll: (jawohl) Ausruf wie "Ja!"; (Yeah!)

Samstag, 1. Dezember 2012

Rilke: Müde Rosen im Haar

Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte
Rainer Maria Rilke (1897)

Müde Rosen auf dem Tisch – Foto: Dirk Rühaak



Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte
ins Haar, das leis ein weher Wind bewegt -
Siehst du den Mond wie eine silberechte
Merkmünze, und dein Bild ist eingeprägt:
ein Weib, das lächelnd dunkle Dornen trägt -
Das ist das Zeichen toter Liebesnächte.

Fühlst du die Rosen auf der Stirne sterben?
Und jede läßt die Schwester schauernd los
und muß allein verdarben und verderben,
und alle fallen fahl in deinen Schoß.
Dort sind sie tot. Ihr Leid war leis und groß.
Komm in die Nacht. Und wir sind Rosenerben.



Wenn ihr das Gedicht verstanden habt, bitte schreibt mir eine E-Mail und erklärt es mir. ;) Wie das in der Lyrik so ist, versteht nämlich auch ein Muttersprachler nicht immer alles, nicht einmal alle Wörter! *schluchz*
Aber lasst euch zumindest gesagt sein, dass Rainer Maria Rilke in Deutschland den meisten Menschen ein Begriff ist, und dass er viele schöne Worte zu Papier gebracht hat. Es gibt ein Buch mit Briefen von ihm, das ich euch sehr empfehlen kann (und welches leichter verständlich als obiges Gedicht ist): Es heißt "Briefe an einen jungen Dichter".

PS: Ich habe auch schon ein anderes bekanntes Gedicht von Rilke gepostet: Der Panther

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flechten: lange Haare kann man zu einem Zopf flechten; (to plait)

einprägen: z. B. in Metall ein Relief hinterlassen; (to emboss)

Weib, das: früher: Frau; heute abwertend für: Frau; (woman, now pejorative)

Dorn, der: am Stiel von Rosen die Stachel, an denen man sich sticht; (spine)

Stirn(e), die: der Teil des Gesichts über den Augenbrauen; (forehead)

schauernd: zitternd (z. B. vor Angst, Kälte); (shivery)

verderben: schlecht werden (z. B. Essen, Menschen); (to decay)

fahl: bleich, weiß im Gesicht; (wan)

Erbe, der: jemand, der die Besitztümer von Verstorbenen bekommt; (inheritor)

Lyrik, die: Bereich der Literatur, in dem es um Gedichte geht; (lyric)

schluchzen: weinen; (sob)

jdm. ein Begriff sein: bekannt sein bei jdm.; (to be well known)

obig: das oben; (above)