Samstag, 24. November 2012

Hochachtungsvoll, Ihr Herr X

Mfg: Mit freundlichen Grüßen – beim ersten Lesen könnte man sich durch diese Schlussformel tatsächlich freundlich gegrüßt fühlen. Ist man dann mit "herzlichste Grüße" herzlicher gegrüßt als mit "herzliche Grüße"? Und kann man auch "Tschüssi" schreiben, wenn es schnell gehen muss?
Heute geht es um Verabschiedungsformeln in E-Mail und Brief – formell und semi-formell.

"Tschüssi" passt nicht zum Nadelstreifen- anzug.


Bei formeller Korrespondenz greift man in der Tat auf eine Handvoll Standardgrußformeln zurück; diese transportieren aber unterschiedliche Nuancen zum Empfänger. "Mit freundlichen Grüßen" ist die gängigste Formulierung, die meist etwas lieblos bzw. neutral wirkt, d. h. man drückt damit keine besondere Freundlichkeit aus. Kollegialer wird es absurderweise mit der Einzahl: "Mit freundlichem Gruß" oder "Ein freundlicher Gruß (aus München)" wirken schon etwas netter. Adjektive machen es noch persönlicher; am besten eignen sich dafür solche, die mit Wetter, Jahreszeit, Tageszeit oder anderen objektiv beobachtbaren Dingen zu tun haben, z. B. so:

"Ein herzlicher Gruß aus dem sonnigen, 11-Grad-Celsius-warmen, vorweihnachtlichen München."

"Viele Grüße vom nach Glühwein und Lebkuchen duftenden Nürnberger Weihnachtsmarkt - Send from my iPad."

Was im Zweifel immer gut ankommt, sind gute Wünsche: Schönen Feierabend, schönes Wochenende, schöne Festtage, schönes Dies und schönes Das. Dabei ist die Formulierung "Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende." formeller als "Schönes Wochenende", vergleichbar mit dem Unterschied zwischen "Guten Morgen" und "Morgen".

Wenn man kreativ sein möchte und trotzdem nicht informell werden will, kann man auf besonders höfliche, teilweise veraltete Abschiede zurückgreifen:

"Herzlichst,
Ihr Herr von Meier."

"Ich grüße Sie freundlich,
Mariechen Müller."

"Hochachtungsvoll,
Ihr Praktikant."

Will man dagegen gezielt unfreundlich sein, versuche man, den Gruß nicht länger als 4 Buchstaben lang sein zu lassen. "Gruß", "Mfg", "VG" erfüllen diese Anforderung zweifelsohne.

Und das war noch längst nicht alles. Man muss den Brief aber nicht neu erfinden: Wikipedia hat sie alle aufgeschrieben, die Abschiedsformeln geschäftlicher Korrespondenz.

Tschüssi! :D

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hochachtungsvoll: von hohem Respekt erfüllt; (respektfully)

formell: höflich, geschäftlich (Art der Kommunikation); (formal)

semi-formell: kollegial, herzlich-formell (z. B. mit liebgewonnenen Geschäftspartnern); (semi formal)

informell: persönlich, privat (Art der Kommunikation); (informal)

Nadelstreifenanzug, der: Anzug mit dünnen Streifen, meist schwarz/weiß; (pinstripe suit)

gängig: üblich, verbreitet; (current)

lieblos: ohne eine besondere Aufmerksamkeit/Zuneigung auszudrücken;

kollegial: wie man mit Arbeitskollegen umgeht;

absurderweise: komischerweise; (strangly)

deutlich: viel; (considerably)

beobachtbar: kann man von außen sehen, ist kein Geheimnis; (observable)

vorweihnachtlich: die Zeit von Anfang September bis 24. Dezember, also dann, wenn Lebkuchen und Schokoladenweihnachtsmänner verkauft werden; (pre-Christmas)

Glühwein,der: heißer Wein mit Gewürzen (Vorsicht: Daran kann man sich leicht verschlucken); (hot spiced wine)

Lebkuchen, der: leckere Gewürzkuchen in der Vorweihnachtszeit, die besten gibt es in Nürnberg; (something like gingerbread)

veraltet: hat man früher benutzt, heute nur noch selten; (antiquated)

gezielt: mit Absicht; (purposeful)

zweifelsohne: ohne Zweifel; (without doubt)

Korrespondenz, die: (elektrischer) Briefwechsel; (correspondence)

Samstag, 17. November 2012

Radieschen von unten

Auch der Tod gehört zum Leben, hört man hier und da, und fragt sich, was Radieschen damit zu tun haben.

Hier wachsen gar keine Radieschen!


Denn so unterschiedlich, wie die Beziehung zu einem kürzlich verstorbenen Menschen sein kann, sind auch die Ausdrücke, um dieses Vorkommnis zu beschreiben:

Es hat ihn dahingerafft oder dahingestreckt, beispielsweise, mag man nur scherzhaft bei fremden Menschen sagen oder boshaft bei ungeliebten. Auch der anschauliche Ausdruck "Sie schaut sich jetzt die Radieschen von unten an" zeugt nicht von einer besonders intimen Beziehung zur Verstorbenen.

Das ganze Gegenteil, nämlich Respekt und/oder Trauer, drücken Formulierungen wie "die ewige Ruhe finden" oder "uns verlassen" aus. Auch "dahinscheiden", "ableben", "versterben" gehören in diese Reihe.

Noch schöner und überwiegend scherzhaft sind die folgenden Sätze:
  • Er wurde vom Tode ereilt.
  • Sie hat sich den Holzpyjama angezogen.
  • Er wurde in die Ewigkeit abberufen.
  • Sie hat das Zeitliche gesegnet.
  • Er hat den Löffel abgegeben.
  • Die sind alle hops gegangen.

Dazu gibt es nur noch eins zu ergänzen: Lemminge



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Radieschen, das: kleines, rundes, rot-weißes Gemüse; (radish)

hier und da: an manchen Orten; (here and there)

kürzlich: vor kurzem; (recently)

Vorkommnis, das: etwas, das passiert ist; (incident)

scherzhaft: als Witz gemeint; (joking)

boshaft: böse gemeint; (despiteful)

ungeliebt: was man nicht mag; (unloved)

von etwas zeugen: zeigen, erkennen lassen; (to attest)

intim: persönlich, eng; (personal)

überwiegend: zum großen Teil; (predominant)

Freitag, 9. November 2012

Das TUM-Phänomen

Nach langer, langer Suche habe ich ein passendes Foto zu dem fesselnden Thema -tum, von dem ich euch jetzt erzählen werde, gefunden:

Foto: Uli Benz / TUM



So, wie es eine Reihe von Wörtern gibt, die auf -mut enden und die untereinander einen gewissen Zusammenhang haben, existiert auch eine Menge Wörter mit der Endung -tum. Die Bedeutung dieser Nachsilbe ist nicht so glasklar, wie ein Logiker es sich wünschen würde, aber immerhin kann man folgende drei Aussagen treffen:

  1. Bezeichnet eine Gruppe von Menschen
    z. B. Bürgertum, (Groß- und Kleinbürgertum), Judentum, Bauerntum
  2. Bezeichnet den Zustand, die Eigenschaft oder das Verhalten einer Person/Personengruppe; ein Phänomen
    z. B. Chaotentum (= das Chaotisch-Sein), Duckmäusertum (= die Feigheit), Heldentum (= das Heldenhaft-Sein), Virtuosentum (= das Etwas-sehr-gut-Können), Nörglertum (= das Ständig-über-alles-Meckern), Draufgängertum (= die übertriebene Risikoliebe), Bummelantentum (= das Grundsätzlich-Faulenzen)
  3. Bezeichnet das Territorium einer Person
    z. B. Königtum, Bistum, Herzogtum, Scheichtum

Gute Nachrichten: Alle diese Wörter haben den Artikel "das" und in all diesen Fällen wird die Nachsilbe "tum" mit langem UUUUUUUUUU ausgesprochen. Anders übrigens als die Universität (TUM mit kurzem u) und das Mindesthaltbarkeitsdatum (auch kurzes u), denn bei diesen Wörtern ist -tum – wen wundert's? – keine Nachsilbe.

Man kann also beliebig viele Wörter, die auf -tum enden, nach diesen Regeln selbst bilden, wenn man ein Gefühl dafür bekommen hat. Ansonsten ist man aber auch mit den im Duden verzeichneten Begriffen bestens bedient.

Nun aber die Frage an euch: Welche gebräuchlichen Wörter auf -tum kennt ihr?

Das ist keine Werbung, und Parabelrutschen in der MI-Fakultät (Garching) kostet nichts; Foto: Albert Scharger, TUM


Gebräuchliche Wörter mit der Nachsilbe -tum: Altertum, Reichtum, Eigentum, Irrtum, Wachstum, Heiligtum, Volkstum


PS: Fehler dürft ihr nicht behalten, bitte stets an mich zurück! Dazu auf den roten Feedback-Button klicken.

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fesselnd: sehr interessant, spannend; (captivating)

untereinander: miteinander ins Verhältnis gesetzt; (among each other)

glasklar: sehr klar verständlich; (crystal clear)

immerhin: wenigstens, zumindest; (at least)

Feigheit, die: Angst vor jedem Risiko; (cowardice)

meckern, nörgeln: seine Unzufriedenheit rauslassen; (to grumble)

übertrieben: in zu großem Maße; (exaggerated)

bummeln: Zeit verschwenden, etwas sehr langsam tun; (to dawdle)

faulenzen: nichts tun; (to laze around)

Territorium, das: Gebiet, in dem jemand regiert, das jemandem gehört; (territory)

Scheich, der: arabischer Herrscher; (sheik)

Parabelrutschen, das: Rutschen entlang einer Kurve der Art y=x², macht Spaß und ist mathematisch sinnvoll; (parabola gliding)