Montag, 11. März 2013

Betretenes Schweigen

Niemand redet sich gerne den Mund fusselig, denn das sieht nicht schön aus. Seitdem zunehmend per Schriftverkehr kommuniziert wird, scheint diese Gefahr (fusseliger Mund) zwar vorübergehend gebannt, aber noch ist ungewiss, ob die Umwälzung der Problematik vom Reden aufs Schreiben nicht zu ähnlichen Problemen, z. B. Fusseln an den Fingern, führen kann. Und dann die Zukunft! Wozu führen uns Spracherkennungssoftware wie Siri, mit der wir E-Mails nicht mehr schreiben, sondern diktieren oder billige Telefonflatrates, mit der wir stundenlang ohne zusätzliche Kosten telefonieren können?
Beschäftigen wir uns heute mit dem, was manche Menschen "Schnute" nennen.


Enten haben a) einen Schnabel, b) eine Schnauze, c) eine Schnute


Wärmen wir uns erst einmal auf. Zum Ankreuzen:
Im Mund befinden sich ...
  • Zähne
  • Zehen
  • Gaumen
  • Zunge
  • Nacken
  • Zahnzwischenräume
  • Verzahnungen
  • Rachen
  • Speicher
  • Speichel

Auflösung: Zehen sind an den Füßen, der Nacken hinten zwischen Kopf und Schultern. Verzahnungen findet man eher in Maschinen, wenn Zahnräder ineinandergreifen. Auf dem Speicher stellt man Sachen ab. Richtig sind also: Die Zähne, der Gaumen, die Zunge, die Zahnzwischenräume, der Rachen, der Speichel.

Aber zurück zu den Fusseln. Wenn man sich langweilt, während sich der Gesprächspartner den Mund fusselig redet, kann man sich nämlich einen Spaß daraus machen, ihm die Worte im Mund umzudrehen. Dazu sind anatomische Kenntnisse gar nicht erforderlich, man muss einfach alles persönlich nehmen und hinter jeder Aussage eine versteckte (oder offensive) Beleidigung vermuten. Alternativ kann man dem Gesprächspartner über den Mund fahren. Hierbei ist auch kein Fahrzeug notwendig; es reicht, wenn man ihn mit einer flapsigen Bemerkung in seinem Redefluss unterbricht.

Mit dem Mund kann man aber nicht nur reden, sondern auch schweigen. So wie der Weißraum auf einer Magazinseite den Text erst so richtig appetitlich macht, so wie der Hunger das Essen erst richtig schmackhaft macht, so verhilft das Schweigen dem Gesagten erst so richtig zu Größe. Das in der Überschrift erwähnte "betretene" Schweigen dagegen resultiert dagegen meist aus einem unangenehmen Gesprächsthema.

Wenn man schon mal schweigt, lohnt es sich oft, auch gleich etwas zu essen. Denn beim Essen soll man schließlich nicht reden – dabei liefe man nämlich Gefahr, sich zu verschlucken oder das noch nicht Hinuntergeschluckte aus Versehen wieder auszuspucken. Die Zunge hat auf ihrer Oberseite einen Haufen Geschmacksknospen (eins der schönen deutschen Wörter übrigens, denn eine Knospe ist auch eine noch nicht aufgeblühte Blüte), mit dem man sich einem Geschmackserlebnis hingeben kann. Das garantieren auf unnachahmlich gute Weise →Tiramisu und →Karottenkuchen.

Eine weitere wichtige Verantwortlichkeit des Mundes, gleich nach Reden, Schweigen, Kauen, Schlucken und Spucken, möchte ich euch gleich als Empfehlung mit auf den Weg geben: Den Mund kann und sollte man auch zum Küssen nutzen.


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betreten: verlegen, unangenehm berührt;

schweigen: nichts sagen;

fusselig: mit Fusseln, z. B. kann ein Pullover fusselig sein;

Fussel, der: kleiner Faden oder Stoffteilchen;

zunehmend: mehr und mehr;

ungewiss: man weiß es nicht;

Umwälzung, die: Von-A-nach-B-Verschiebung;

diktieren: Text sprechen, damit er so aufgeschrieben wird;

Schnute, die: süßer oder beleidigter Mund;

Schnabel, der: Mund eines geflügelten Tieres oder ugs. für Mund des Menschen;

Schnauze, die: Mund des Hundes oder salopp für Mund des Menschen;

Speicher, der: Dachboden oder anderer Bereich, um etwas aufzubewahren;

jdm. die Worte im Mund umdrehen: das Gesagte (mit Absicht) falsch verstehen;

etwas persönlich nehmen: etwas (negativ) auf sich beziehen;

offensiv: angreifend;

Beleidigung: Kränkung, Verletzung;

jdm. über den Mund fahren: jdn. unfreundlich unterbrechen;

flapsig: unhöflich, unfreundlich;

Redefluss, der: ununterbrochenes Reden;

Weißraum, der: unbedruckter (daher oft weißer) Raum auf einer Seite Papier;

Magazin, das: Zeitschrift;

zu Größe verhelfen: dafür sorgen, dass es eine Wichtigkeit bekommt;

schlucken: etwas aus dem Mund in den Magen schicken;

spucken: etwas aus dem Mund schlagartig herausbefördern;

Geschmacksknospe, die: kleine Abteilung auf der Zunge, die für das Schmecken zuständig ist;

unnachahmlich: nicht zu kopierend;